Birgit
Zuhause ist Geborgenheit, Zugehörigkeit & kreativer Raum
Ein Meiendorfer Reihenhaus tanzt aus der Reihe. Es begrüßt mich mit leuchtenden Farbtupfern vor der Haustür, die auf der Stelle gute Laune machen. Was das genau ist, dazu später mehr. Birgit öffnet die Tür, dicht gefolgt von zwei Jungs, die vorsichtig hinter ihren Beinen hervorlugen, um den Gast zu begutachten. Wenig später springen sie schon juchzend durchs Wohnzimmer in den Garten.
Zuhause ist Geborgenheit & Zugehörigkeit
Auf die erste Frage, womit sie Zuhause verbindet, antwortet sie so: „Wohlfühlen, Ankommen, Loslassen-Können, aber auch Chaos, das Durcheinander der Familie, das Drumringen, ‘wo ist jetzt mein Raum?’ ‘Wo kann ich mich auch mal ein bisschen distanzieren. Wo kann ich mit meiner Familie zusammen etwas tun? Kreativ irgendetwas gestalten mit meiner Familie. Das ist Zuhause bei mir.” Da steckt schon erstaunlich viel drin. Zuhause als Gefühl der Entspannung und gleichzeitig Zuhause als Verhandlungsort für die eigenen Grenzen und nicht zuletzt die kreative Gestaltung ihres Wohnraums ist Birgit außerordentlich wichtig. Sie fährt fort: „Ich finde Zuhause ist auch einfach so ein Gefühl von Geborgenheit, ‘da gehör ich hin’ aber inzwischen gehört eben auch Verantwortung mit dazu.“ Als Mutter zweier Kinder findet sie das Zuhause facettenreich. „Das eine ist eben das Gefühl, wirklich sich entspannen zu können und das andere ist eben mein Lebensmittelpunkt. Klingt im Moment jetzt so als wären das zwei völlig voneinander verschiedene Dinge, aber zuhause ist eben viel und hat viele Ecken, wo viel reinpasst und auch viel drin ist.” Eltern von kleinen Kindern werden das sicher nachvollziehen können.
Lieblingsplätze
Birgit sitzt gern auf ihrer geschwungenen Holzbank vor der Haustür, weil es so „kuschelig klein und gemütlich“ dort ist. Es ist ein Ort, wo sie gleichzeitig innehalten kann und doch das Leben vor ihrer Nase mit Rollern herumfahren sieht. Neben der Bank steht ein selbstgezimmertes Hochbeet aus Paletten. Das Blumenregal wurde erst kürzlich als Familienprojekt fertiggestellt. Die rote und blaue Farbe leuchtet gerade mit den Blumen in den Töpfen um die Wette.
Darüber hinaus schätzt sie die Ruhe und Rückzugsmöglichkeit des Schlafzimmers. Abends, wenn die Jungs eingeschlafen sind, telefoniert sie dort gern oder betrachtet einfach nur den Sonnenuntergang durchs Fenster. Das Zuhause bei Birgit liegt auch im Spannungsfeld von eigenem und Familienraum. Die Tatsache, „sich mal zurückziehen zu können” ist für die Erholung einer jungen Mutter essentiell. Wer viel für andere da ist, braucht auch die Möglichkeit einer Atempause an einem geschützten Ort.
Zuhause ist Wandel und Freiraum für Familien-Bastelprojekte
Für Birgit ist Zuhause nichts Statisches, sondern eher veränderbar und kann daher immer wieder neu geschaffen oder angepasst werden.
“Wir verändern auch immer wieder was zu Hause, wenn ich das Gefühl habe, ‘Hier stimmt’s grade nicht!’ Dann versuche ich das wieder für mich stimmig zu kriegen, dass es sich wieder wie zu Hause anfühlt.“
Die Bedürfnisse einzelner Familienmitglieder ändern sich im Laufe der Zeit und da muss sich das Zuhause einfügen und nicht umgekehrt.
Am Samstag zieht Brötchenduft durchs Haus. Das ist Birgits Mann zu verdanken.
„Wir backen inzwischen am Wochenende unsere Brötchen selbst und solche Brötchen gibt’s dann natürlich nur bei uns“.
So viele liebevolle Details springen einem ins Auge, angefangen vom fröhlich bunt bemalten Palettenblumenbeet, über die marmorierten Ostereier im Garten und nicht zuletzt muss man unweigerlich schmunzeln, wenn man einen zu klein gewordenen Gummistiefel sieht, der nun eine Narzisse beherbergt. Upcycling vom Feinsten. Da bekommt man selbst Lust, ein Bastelprojekt zu Hause zu starten.
Das Haus im Haus – Rückzug, Versteck, Begegnung
Als ihr erster Sohn ein Jahr alt war, hat sie ein aufwendig gestaltetes Spielhaus gebastelt, das sich nun auch bei Kind Nummer zwei großer Beliebtheit erfreut. Der Korpus ist aus stabilen Pappkartons gefertigt und mit Tape verklebt. Ihre Kinder lieben es, sich in diesem kleinen Punktehaus zu verkriechen und die Tür zuzumachen. Doch mehr noch lieben sie es mit einem „Juchhu“ übers Dach hinein- und hinauszuspringen, dass das Haus zittert und bebt. Das farbenfrohe Häuschen ist ein Raum, der das Verhandeln von Abgrenzung und Öffnung innerhalb einer Familie vielleicht ganz gut widerspiegelt.
Birgit war auch schon selbst im Spielhaus mit drin. “Für die Kinder ist es toll, wenn Mama von drinnen aus dem Fenster rausguckt”, erklärt sie lachend.
Jedes Detail ist liebevoll gestaltet, von den roten Fensterläden, über den Fußboden mit „Laminat“, bis hin zum Dach, das sich öffnen und schließen lässt. Bereit für jedes Abenteuer!
Meiendorf
Vor sechs Jahren ist Birgit mit ihrer Familie nach Meiendorf gezogen. „Am Anfang, wenn man in so ein Haus einzieht, ist ja noch gar nicht so viel da bzw., das, was da ist, ist ganz viel Vorstellung.” Aus der Vorstellung werden dann ein paar Möbelstücke hier und da und je mehr eigene Entscheidungen getroffen werden, desto mehr Zuhause wird es eigentlich. Auf dem Land oder am Waldrand würde sich Birgit nicht so wohlfühlen, weil zentrale Läden nicht fußläufig zu erreichen sind.
Ihr ist bewusst, dass auch die Umgebung zu ihrem Zuhause gehört, die Wege zum Bäcker, zum Einkaufen, zur Schule oder Kita. Am Wochenende geht Birgit gern im Tunneltal spazieren. „Das ist schon sehr vertraut.“ Was sie sich für Meiendorf wünscht? „Dass es eben ein gutes Miteinander im Stadtteil gibt.” Die Kirchengemeinde ist für sie darüber hinaus sehr wichtig und Birgit würde sich freuen, wenn sie mehr im Stadtteil präsent wäre.
Das letzte Jahr
Die Zeit zu Hause zu viert hat sie als sehr durchwachsen erlebt. Einerseits war das enge „Aufeinanderhocken“ sehr anstrengend, aber auf der anderen Seite haben sich die Beziehungen intensiviert, was sie als sehr schön empfunden hat. Dank ihrer kreativen Art ist ihr immer etwas eingefallen, um die Kinder zu beschäftigen, zum Beispiel Ausflüge zu den aktuellen Baustellen in Meiendorf. Gute Idee!
Interview und Fotos: Christina Fellenberg