Verbunden
Seit drei Wochen bin ich ganz auf Liebe eingestellt und auf die Frage, welche Bilder damit einhergehen und wie die Facetten der Liebe sichtbar gemacht werden können. Als ich eines Nachmittags gemächlich mit dem Fahrrad aus dem Meiendorfer Wald rolle, komme ich an einem Altenheim für Gehörlose vorbei. Wie wohl das Zeichen für „Liebe” oder „Ich liebe dich” in der Gebärdensprache aussieht? Spontan schließe ich das Fahrrad an und betrete eine neue Welt. Zugegeben, das hätte etwas besser vorbereitet sein können, aber irgendetwas trieb mich an, an diesem Tag hineinzugehen und zu fragen. Zum Glück. Eine Mitarbeiterin begleitet mich zum Leiter der Einrichtung.
Gebärdensprache
Herr Demke bittet mich mit einer einladenden Geste freundlich herein. Da er sich ebenfalls über die Gebärdensprache verständigt, bedeutet er mir, Platz zu nehmen und kurz zu warten. Dann stellt er eine kleine geheimnisvolle Box auf den Tisch und – wie ich später erst verstehe – wählt sich über Telesign ein, um mit mir zu sprechen. Ich bin tief beeindruckt. Via Gebärdensprache kommuniziert er mit der Telesign-Ferndolmetscherin und über die Box kann ich sofort hören, was er sagt. Ich wiederum spreche in die Box und die Ferndolmetscherin übersetzt für ihn simultan in Gebärdensprache auf seinem Monitor.
Das funktioniert wunderbar und ich habe heute wirklich Glück. Herr Demke ist außerordentlich hilfsbereit und fragt nach unserem Gespräch einen jungen Mann, der im Altenheim arbeitet, ob er Lust hat, am Projekt teilzunehmen. So lerne ich David kennen, der sich sofort bereit erklärt, für das Projekt die Gebärden für „Liebe“ und „Ich liebe dich“ darzustellen und fotografieren zu lassen.
Bei „Liebe” werden beide Hände übereinander mittig auf die Brust gelegt. Für den Satz „Ich liebe dich” sind drei Gebärden notwendig. Bei „ich” zeigt man mit dem Zeigefinger auf sich selbst. Bei „liebe” folgt die eben beschriebene schöne Geste mit den Händen auf der Brust und für „dich” wird auf die betreffende Person gedeutet.
Nach dem kleinen Fotoshooting zeigt mir David die App duomano, mit der man die Deutsche Gebärdensprache (DGS), lernen kann. Ich wünschte, ich hätte mir schon vorher ein paar Wörter angeeignet, um mich verständlich bedanken zu können. Die Fragen zum Thema „Liebe” beantwortet er freundlicherweise per E-Mail an einem anderen Tag, weil er „definitiv Interesse daran hat, seine Perspektive zu teilen”.
Verbundenheit und Umarmung
Mit „Liebe” verbindet David zuallererst ein starkes Gefühl der Zuneigung und Verbundenheit mit einem anderen Menschen. Spontan kommt ihm das Bild von zwei Menschen in den Sinn, die sich umarmen und glücklich sind.
Im Moment sind es seine Familie und enge Freunde, die er liebt. Immer wenn er von ihnen Unterstützung und Zuneigung erfahren hat, fühlte er sich selbst auch besonders geliebt.
Ob es Hürden gab, jemanden kennenzulernen, lautete die nächste Frage:
Austausch
Spezielle Dating-Apps für Gehörlose oder Schwerhörige nutzt David nicht, aber er erzählt von Veranstaltungen für Gehörlose/Schwerhörige in ganz Deutschland. Zum Beispiel gibt es beim Karneval und bei den “Kölner Lichtern” sowie beim Oktoberfest in München Treffpunkte für Gehörlose, um sich auszutauschen. Auch nach Fußballturnieren finden oft Partys statt, bei denen man Menschen treffen kann, die auch die Gebärdensprache beherrschen.
Reisefotografie
David hat selbst keine Haustiere, liebt aber Schimpansen. „Leider sind sie nicht als Haustiere erlaubt”, bedauert er. Wenn er auf Reisen in Asien und Afrika unterwegs ist, liebt er es, viel Zeit in der Natur zu verbringen und Landschaften zu fotografieren. Gern hätte ich mir ein paar Bilder angeschaut.
Vielen Dank, David, für die spontane Bereitschaft, am Projekt „Liebe” mitzuwirken und deine Perspektive zu teilen. Die App duomano ist schon installiert.